Buchbeschreibung "Heimkehr"


Im Buch

„Die Heimkehr – Letzte Phase des Zweiten Weltkrieges“

schildert mein Schwiegervater Karl Wölkart seinen dramatischen Fußmarsch vom Zobten in der Nähe von Breslau zu seinem Vaterhaus in Kainach bei Voitsberg. Eine Strecke von mehr als tausend Kilometern legte er trotz Verwundung und Gefangenschaften in unglaublichen achtzehn Tagen zurück. Aus den schlichten Tagebuchaufzeichnungen aus schwerer Zeit ließ er in einer einfachen und zu Herzen gehenden Weise diese schier unglaubliche Geschichte entstehen.
Das 144 Seiten starke Buch ist um 18 Euro erhältlich.

 

Vorwort

 

Vor mehr als 70 Jahren – im Mai 1945 – ist der große Krieg, der die Landkarte Europas so nachhaltig verändert hat, zu Ende gegangen. Die Wunden, die den Menschen an Körper und Seele zugefügt wurden, wirken bis heute nach. Viele, die für das Vaterland eintreten mussten, sind nicht mehr heimgekehrt. Die Diskussion über Ursache und Auslöser dieser globalen Katastrophe hat die Jahre überdauert.

Zurückschauend betrachtend erscheint das lebensverachtende Treiben jeder kriegerischen Auseinandersetzung sinnlos. Die heimkehrenden Soldaten von damals hatten nur einen Wunsch: Nie wieder Krieg!

Es scheint der Menschheit aber nicht gegönnt, aus bereits erlebten Erfahrungen zu lernen. Wie sonst lässt sich erklären, dass ein halbes Jahrhundert später – wenn auch national begrenzt – militärische Auseinandersetzungen aufflammen.

Karl Wölkart hat sein persönliches Schicksal der letzten Kriegstage in Form handschriftlicher Notizen festgehalten. In einer wunderbar bildhaften Sprache lässt er den Leser daran teilhaben, wie schwierig es war, im Chaos des Kriegsendes zu überleben.

In berührenden Worten vermittelt er seine Gedanken, die ihm den Mut und die Kraft gaben, das Unmögliche zu wagen: Von den Kameraden getrennt und allein, 1000 km von zu Hause entfernt, von fremden Mächten bedroht, mit eigener Kraft in die steirische Heimat zu Frau und Kind heimzukehren.

Möge sein entschlossenes Handeln uns darin bestärken, dass alles, was wir wagen, auch Realität werden kann. Das Beispiel Karl Wölkarts zeigt uns wie wichtig es ist, an seine eigenen Fähigkeiten zu glauben. Möge es uns Menschen daher gelingen in Zukunft dauerhaft friedlich nebeneinander zu leben.

Besonderer Dank gilt Frau Inge Wölkart, Schwiegertochter von Karl Wölkart, dafür, da mit der Auflage dieses Buches die Erinnerung an einen mutigen Menschen lebendig bleibt.

 

Mit besten Grüßen Gerhard Eger

 

Ein kurzer Auszug!

An einem der nächsten Tage erreichte ich im Morgengrauen die Stadt. Neben der Parkmauer eines Schlosses schlich ich in die Stadt hinein. Groß-Gießmannsdorf schien unversehrt. Beim Nonnenkloster merkte ich, dass alles leer war - also Niemandsland. Vorsichtig ging ich denselben Weg zurück, den ich gekommen war, um wieder aus der Stadt ins freie Gelände zu gelangen. Ich war ganz erstaunt, als ich hinter der Schlossmauer, an der ich mich kurz vorher im Dunkeln entlang geschlichen hatte, jetzt einen Mordsspektakel hörte. Schloss und Park schienen voll von Russen zu sein die jetzt, wo es hell geworden war, einen großen Lärm machten.

Ohne dass mich jemand bemerkt hatte, hatte ich ein bewachsenes und sumpfiges Gebiet erreicht und mich dann aus der Gegend von Gießmannsdorf davongemacht. Meine Lage wurde aber immer aussichtsloser. Am Tage konnte ich nicht mehr viel unternehmen, wollte ich nicht von den Russen abgeknallt oder gefangen werden. Beides kam schließlich auf dasselbe hinaus, denn die Parole unserer Feindes aus dem Osten hieß seit sie sich auf deutschem Boden befanden: „Töten!“ Ich hatte schon genug Bestätigungen dafür erlebt und gesehen.

Die nächste Nacht bin ich wohl viele Kilometer durch die Gegend geschlichen. Infolge der starken Bewölkung und des leichten Bodennebels hatte ich die Orientierung verloren. Von Stunde zu Stunde wurde ich matter. Ich wusste schon gar nicht mehr, wann ich zuletzt etwas zu essen gehabt hatte und auch die schier übermenschlichen Strapazen der letzten Wochen und Monate trugen das ihre bei.

Mein Lebenswille begann zu erlöschen. Ich merkte genau, dass nicht nur die Füße, sondern der ganze Körper nicht mehr konnte.

Der Gedanke an die Heimat, ganz besonders aber die Sorge um mein Roserl und unser Kindlein, hatten mich bisher auch in den schlimmsten Lagen immer wieder aufrecht gehalten. Jetzt aber begann das alles zu verblassen, alle Hoffnung war einer maßlosen Schwäche gewichen.

Liegenbleiben und sterben, das verstand ich noch dumpf und dass Liegenbleiben auch sterben heißt. Doch beides schien mir schon um vieles leichter und schöner als weitergehen.

In dieser Stunde habe ich, wie nie in meinem Leben, etwas erfahren, das mir damals mein Leben nicht nur rettete, sondern es auch für immer formen sollte. Als ich mich schon damit abgefunden hatte, Frau und Kind und die Heimat nimmer wiederzusehen, als ich weder zu einem Gebet noch zu einem Gedanken mehr fähig war, als ich zum Sterben bereit auf dem Boden lag, da sah ich, gleich einer Vision, vor mir ein Kreuz.

Da fasste ich plötzlich wieder einen Gedanken. Dort vorne, im fahlen Licht des nahenden Morgens, steht das Grab eines gefallenen Kameraden. Dort wollte ich noch hin, dort bei diesem Kreuz will ich mein Leben vollenden.

Das war wieder einer meiner harten, festen Entschlüsse, wie so oft in gesunden Tagen. Kein anderer Sinn oder Wille war da noch in mir, aber zu diesem Kreuz wollte ich noch.

Ich bin wirklich vorangekommen - kriechend, gehend und fallend. Ich sah es schon ganz deutlich, es war ein Kreuz, auch einen Stahlhelm meinte ich daran zu erkennen. Also das Grab eines deutschen Soldaten, wie sie dieser Krieg schon zu Millionen in der Landschaft ließ.

Es war eine geringe Anhöhe, und ich hatte die Silhouette dieses Kreuzes im ersten Morgenlicht vor mir.

Es mochte etwa eine halbe Stunde gedauert haben, bis ich mich meinem Ziel auf etwa zwei Meter genähert hatte. Es war rasch heller geworden, und ich befand mich schon fast in Griffweite des vermeintlichen Kreuzes, da war ich für einen Bruchteil einer Sekunde in meiner Todesbereitschaft enttäuscht.

Dann aber schlug alles in mir um. Ich stand nicht vor einem Kreuz und einem Grab sondern vor einem Pflug der noch in der Furche steckte, wie ihn wohl ein schlesischer Bauer hatte verlassen müssen. Es war ein richtiger Pflug mit Holzgriffen, wie es ihn auch daheim im Steirerland überall gab. Über den Pflugsterz war ein Kleidungsstück gebreitet, das hatte mir den Stahlhelm auf dem vermeintlichen Kreuz vorgegaukelt.

Ich bin nicht sentimental und noch weniger abergläubisch, aber wenn das nicht ein Zeichen war? Dem Kreuz hatte ich mich ergeben, zum Kreuz hatte ich noch wollen, nun aber war das Kreuz gar kein Kreuz sondern ein Pflug.

Ich weiß nur noch, dass ich plötzlich wieder fähig war zu beten. Ich weiß nimmer um was und für wen ich damals neben dem Pflug in Schlesien gebetet habe. Ganz sicher tat ich es aber auch für jenen Bauern, dem der Pflug gehörte, und der ihn und seine Heimat hatte verlassen müssen.

Das Beten neben einem solchen Pflug konnte ich ja. Denn schon seit meinem elften Lebensjahr hatte ich daheim beim Grafn mit einem solchen Pflug, die steilen Felder umgeackert, da den Vater eine schwere Krankheit für lange Zeit in das Bett gezwungen hatte.

Mein Lebenswille war wie durch ein Wunder noch einmal erwacht. Ich hatte aber nicht lange Zeit zum Beten und Nachdenken. Es wurde sehr rasch heller und irgendwo erwachte wieder die Front.

Ich fand bald heraus, wo meine Flakbatterien standen, und noch am selben Tag kam ich wieder zu meiner Einheit durch. Doch erst später wurde ich dessen inne, dass diese Nacht die Osternacht 1945 gewesen ist. 

 

Eine begeisterte Leserin schrieb:

"Heute habe ich in der Früh begonnen "Die Heimkehr" zu lesen. Ich konnte nicht aufhören und habe dieses spannende und mitreißende Buch bis zum Abend ausgelesen.

Danke für die Veröffentlichung dieser wertvollen und unvorstellbaren Geschichte.